Bologna – wenn jemand fragt wohin du gehst – sag nach Bologna.*

Mein Vater liebt Italien. Diese Liebe geht so weit, dass er sich selbst für einen Italiener hält, oder zumindest mir als Kind gut suggerierte, dass es nichts Besseres gibt, als Italiener zu sein. So haben wir viele Urlaube in Italien verbracht. Ich war auf Elba, Sizilien und am Gardasee. Wir sahen Venedig bei schönem und bei schlechtem Wetter und es gibt Fotos von der kleinen Deike vor dem schiefen Turm von Pisa. Als Erwachsene war ich alleine in Rom und mit einer Freundin auf Sardinien. „Aber die tollste aller Städte hast du immer noch nicht gesehen“, sagte mein Vater immer wieder: „Bologna – meine Lieblingsstadt.“

Nun war mein Vater auf einer Sprachreise in Bologna als er Maria, seine zukünftige Frau kennenlernte und ist daher vielleicht nicht unbedingt der Objektivste, genauso wenig Maria, die das selbe sagt. Aber als auch meine Kollegin sagte „Bologna ist meine Lieblingsstadt in Italien“ und Wanda, eine meiner aktuellen Liebelingsbands, sang:

Tante Ceccarelli hat

Einmal in Bologna Amore gehabt!

Bologna, meine Stadt“

War klar: ich sollte mir dieses Bologna dringend mal angucken.

Über eine Bekannte lerne ich Adriane kennen und verabrede mich mit ihr in Bologna für einen Samstagabend. Sie soll mir Bologna zeigen aus, Sicht einer Einheimischen. Adriane ist Deutsche. Zwar kommt ihr Vater aus Italien (und bei ihrem stimmt es auch), doch war ihr Italienisch eher mäßig, als sie mit 17 Jahren im Italienurlaub Guiseppe kennenlernte. Und so wundert es einen nicht, dass diese Sommerliebe nicht von langer Dauer war. Doch das änderte sich als die beiden sich vor 10 Jahren online wiederfanden und erneut ineinander verliebten. Adriane hatte grade die Uni beendet und setze alles auf eine Karte, für die Liebe ließ sie ihre Heimat Bielefeld hinter sich und ging nach Italien. Zunächst nach Rimini, dann zog das Paar, das inzwischen sogar verheiratet ist, nach Bologna.

 

Wir treffen uns in einer Espressobar. Denn wie überall in Italien, gibt es auch in Bologna Kaffee an jeder Ecke. Adriane fragt mich, was ich haben will und da kommt es schon zu meinem ersten Fauxpas. „Einen Cappuccino würde ich nehmen“. Adriane lacht: „Nein, das möchtest du nicht. Dann weiß jeder sofort, dass du Touristin bist!“ Der Cappuccino ist einzig und alleine dem Frühstück vorbehalten. Wenn überhaupt. Aber sogar da haben die Italiener hier in einer Hand ihr Cornetto** und in der anderen den Kaffee, den wir Deutsche als Espresso bezeichnen würden.

Okay und schon bin ich ein wenig klüger. Ich frage Adriane als erstes was sie am meisten an Italien mag. „Das ist einfach: hier geizt man weder mit Zeit noch mit Geld“. Wenn wir uns in Bologna mit Freunden treffen, schauen wir nicht auf die Uhr und wir beschweren uns nicht über die Preise. Nicht, weil wir es haben, wir verdienen viel weniger als man in Deutschland verdient. Wir genießen eben den Moment und das kann man nicht, wenn man an sein Konto denkt oder daran, dass man Morgenfrüh aufstehen muss.

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Geshoppt wird vor allem auf der Via dell‘Indipendenza, die am Wochenende sogar für Autos gesperrt ist. Bologna ist die älteste Universitäts-Stadt von Europa und es kommen Studenten aus aller Welt um hier zu studieren. Dementsprechend jung wirkt die Stadt. Die alten Arkaden sind voller Graffitis mit linken Sprüchen. Die Wände voller Plakate. Wer ins Studenten-Viertel geht, sollte in der Osteria dell‘Orsa einkehren, dort gibt es italienische Hausmannskost, Wein und Bier für wenig Geld. Im Park hinter dem Piazza dell’8 Agosto, auf der man günstig Klamotten kaufen kann, spielt ein Band und es riecht ein bisschen nach Gras.

Im Plattenladen Disco D‘oro gleich ums Eck findet jeder Musikliebhaber wonach er sucht und er ist immer voll. Die Universität selber besteht aus vielen Gebäuden verteilt auf die ganze Innenstadt. Genau wie die Kirchen, an jeder Ecke ist eine, jede schöner als die andere. Adriane und ich haben es, wie wir feststellen beide nicht mit der Kirche, aber was Menschen einst geschaffen haben, ist schon beeindruckend.

 

In Bologna, der Heimat der Bolognese, trifft man sich abends schon lange nicht mehr zum Bolognese essen. Die Tage der schweren Pasta sind gezählt. Heute macht man Aperitivo.

Aperitivo bedeutet, man trinkt zum Beispiel einen Aperol Spritz und dazu gibt es ein Buffet, an dem man sich bedienen kann. Meine Begleitung erzählt mir: „Zuerst haben einige Bars Pistazien hingestellt, statt Chips. Der Nachbar hat dann Schinken hingestellt, um die Kunden wieder zu sich zu locken, der nächste Käse und Schinken. Das steigerte sich immer weiter und endete in einer neuen Tradition. Aperitvo eben.

An jeder Ecke wird es angeboten und jede Bar ist voll. Wer hinterher noch Hunger hat zieht weiter.

 

Adriane hat für uns einen Tisch in einem stylischen Lokal, dem Rugine reserviert, das neben klassischer Bolognese (in Bologna Ragu genannt) auch vegane und vegetarische Speisen auf der Karte hat. Der nette Kellner hält mir einen langen Vortrag über die Besonderheit der Weine. Das brauche ich doch alles gar nicht wissen, immer her damit, Hauptsache es schmeckt.

Satt und mit einem kleinen Schwips verlassen wir das Lokal und stromern weiter durch die Straßen.

 

„Der Unterschied zu Bielefeld ist ganz klar: Hier findet das Leben auf der Straße Stadt.“ Bologna ist immer voller Leben, auch unter der Woche, auch spät am Abend“ und so erlebe ich es dann auch. Auf dem großen Platz vor der Basilika sitzen die Menschen auf Stühlen und auf dem Boden, denn gleich fängt „Divorzio all‘italiana“ zu Deutsch „Scheidung auf Italienisch“ an, eine Komödie aus den 60ern, die auf der großen Leinwand übertragen wird. Wir gehen weiter durch die Gasse „Via de Marchi“, die Straße der Köstlichkeiten. Tagsüber verkaufen die Händler hier Obst, Gemüse, Käse und Schinken, abends serviert der Fleischer dann Aperitvo. Das Gelächter der Barbesucher und der Duft des Essens, das ist Bologna pur. Wer den Blick auch mal auf den Boden lenkt, sieht dort Sterne, wie auf dem Hollywood Boulevard, alle italienischen Musikern gewidmet.

 

Wir erreichen die beiden schiefen Türme von Bologna, von denen aber eigentlich nur einer wirklich schief ist. Sie sind das Wahrzeichen von Bologna. Der Sage nach schenkte ein reicher Architekt sie seiner Frau. „Als Student geht man nicht auf den Turm, denn wer hoch hinauswill, wird tief fallen“ so sagt man. Deswegen meiden Studenten den Turm, genau wie es Unglück bringen soll, die Piazza Magiore zu überqueren. Da wir schon fertig studiert haben, können wir aber hoch“, schlägt Adriane vor. „Der Ausblick ist einzigartig“. „Lass mal, zu hoch, zu viele Stufen bei der Hitze“, winke ich ab. Naja ein bisschen abergläubisch bin ich auch.

 

Wir verlassen den Kern der Stadt und gelangen zu einem Park. „Tagsüber joggen hier die Bolognesen, immer im Kreis, wie im Central Park.“

Mitten im Park ist ein wunderschönes Open Air Lokal.  Das Vetro. Der Besitzer kaufte die alten Gewächshäuser, die hier standen und die keiner mehr wollte und baute zwei Bars und viele bequeme Sitzgelegenheiten. Den Cocktail holt man sich an der Bar. In Plastikbechern. “ hmm, so ein schöner Ort und dann solch Umweltverschmutzung“ lamentiere ich. „Das ist compostabile“ erwidert die Barkeeperin grinsend Ich war Au-pair-Mädchen in Deutschland, ich kann ein bisschen deutsch“. Ihr Cocktail schmeckt prima, wir reden weiter, während zwei Musikerinnen zur E-Gitarre singen, in dieser wunderschönen Atmosphäre lassen wir den Abend ausklingen. Und ich verstehe warum alle sagen „Bologna ist meine Lieblingsstadt in Italien“.

 

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cattivakat

Deike Behringer aka Cattivakat ist Fotoredakteurin und Fotografin. Sie ist Eigentümerin des Blogs Cattivakat und verantwortlich für dessen Inhalt. Naturkosmetik, Fotografie und Reisen sind ihre Leidenschaften. Außerdem liebt sie Katzen.

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4 Kommentare

  1. Moin

    schöner Artikel und durch die Bilder gut „mitzuerleben“. Hat mir auf jeden Fall den einen oder anderen Anreiz für den nächsten Urlaub gegeben;)

    Schöne Grüße aus Winterhude, Cevin

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